Eine Einladung zum Sitzen

Ich habe sie angenommen, die Einladung mich hinzusetzen. An einem Samstag im Dezember bin ich mit einem guten Dutzend Menschen sechsmal 25 Minuten in Stille gesessen und dazwischen ein paar Runden schweigend im Kreis gelaufen. Ich habe bereits verschiedene Formen der Meditation kennengelernt und auch schon ein Schweigeretreat besucht. Der Zazen-Übungstag war jedoch für mich etwas ganz Neues.

Bereits im Vorfeld hatte ich mir Gedanken darüber gemacht, weshalb diese Praxis hier einfach „Sitzen“ genannt wird und nicht Meditation? Ob es für die anderen Teilnehmenden einen Unterschied gibt, weiss ich nicht. Für mich habe ich jedoch etwas herausgefunden: Während das Wort „Meditation“ in mir Bilder von zart-bunten Lotusblüten und den umhüllenden Duft von Räucherstäblein hervorruft, erscheint vor meinem inneren Auge beim Begriff „Sitzen“ ein, sagen wir mal, minimalistisch eingerichteter Raum in Braun und Grau. Vielleicht in einem Kloster hierzulande.

Interessanterweise war es tatsächlich ein bisschen so. Der Raum kühl, die Kleider der Menschen grau bis anthrazit, die Kissen und Matten marineblau. Die Begrüssung der Menschen allerdings war sehr warm. Die meisten von ihnen waren regelmässig-Sitzende nach dieser Tradition. So hatte ich das Gefühl, dass viele nach dem ersten Ton der Klangschale sofort in die wohlbekannte Praxis sanken.

Ich selbst habe dafür etwas Zeit gebraucht. Es war interessant zu beobachten, wie sich am Anfang die Gedanken in meinem Kopf jagten: „Ich sollte jetzt eigentlich zu Hause sein. Dort gibt es unendlich viel zu tun. Kann ich es mir wirklich leisten, in dieser intensiven Zeit eine so unproduktive Auszeit zu nehmen?“ Schon bald aber wurde ich ruhiger und konnte mich immer mehr auf die Übung einlassen.

Irgendwann zwischen Sitzen und Gehen hat der Zenlehrer Rico Mark dann einen kurzen Vortrag gehalten. Ein paar Inspirationen daraus begleiten mich seither. Frei interpretiert möchte ich sie hier teilen.

Sitzen ist ein Geschenk für Körper, Geist und Seele.

Meinem Körper schenke ich die Aufrichtung. Meiner Seele schenke ich die Wogen des Atems. Meinem Geist schenke ich diesen einen Augenblick.

Beim Sitzen geht es darum, still zu werden, bei mir anzukommen und wahrzunehmen, was gerade ist. Wie traurig, wie glücklich, wie wütend, wie müde bin ich in diesem Moment? Es gibt nichts zu tun, ausser genau hier und genau jetzt zu sein. Es ist nicht das Ziel, dabei besondere Erlebnisse zu haben oder überirdische Zustände herbeizuführen. Beim Sitzen wird nichts angehäuft, es kommt nichts dazu, sondern alles wird klarer. Es ist eine Übung im Aufmerksam-sein und dieses Aufmerksam-sein ist die Kraft, mit welcher ich dem Leben und mir selbst ganz neu begegnen kann.

Bei Common Ground nehmen wir uns bewusst Zeit, um uns in Stille hinzusetzen. Aufmerksam begegnen wir uns selbst und einander immer wieder neu.

Möchtest du mit deinem Team in diese Qualität der Stille eintauchen?

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